Jeder Taucher muss sich mit der für sich und die entsprechenden Tauchgänge passenden Wärmestrategie beschäftigen. Spätestens, wenn man nicht nur im Sommer oder in warmen Gewässern tauchen geht, sondern auch im Winter in den heimischen See steigt.
Symbolfoto: Wärmestrategien beim Tauchen

Da wir des Öfteren von Schülern gefragt werden oder nach Tauchgängen mit den Buddys unsere Erfahrungen austauschen, möchten wir mit diesem und den nächsten Beiträgen näher auf das Thema “Wärmestrategien” eingehen.

In diesem ersten Teil geht es erst einmal um das “Warum” – also die Gründe warum man sich näher mit den Themen “Kälte”, „Isolation“ und “Kleidung” beschäftigen muss. Der subjektive Eindruck beim Tauchen, dass einem irgendwann “ar*** kalt” ist, hat nämlich seine Gründe. Und diese sollte man kennen um angemessen vorbeugen und darauf reagieren zu können.

Zudem birgt die Unterkühlung eine nicht geringe Gefahr.
Sprüche wie “Nur die Harten kommen in den Garten“, “Ein bisschen frieren schadet schon nicht” sind also vollkommen fehl am Platz.

Was ist “warm” und was ist “kalt”?

“Warm” oder “Kalt” sind zum Teil subjektive Eindrücke. Die eine friert schneller, während der andere es länger oder mit geringerer Wärmeisolierung aushält (ich sage nur natürliche Isolierung durch “Bio”pren… 😉 ).

Grundsätzlich aber ist jede Temperatur, die niedriger als unsere Körpertemperatur ist, für uns kalt und früher oder später bedrohlich. Der Körper reagiert darauf, die Körpertemperatur wird irgendwann sinken und wir fangen an zu frieren.

Je kälter die Umgebungstemperatur, desto schneller und weiter wird die Körpertemperatur sinken. Und umso gefährlicher ist es für uns.

Warum frieren wir im Wasser schneller?

Das ist ganz einfach: Im Wasser verliert der Körper viel schneller Wärme als an der Luft, da Wasser deutlich besser wärmeleitfähig ist. Genauer gesagt sogar vier Mal so viel, wenn wir uns nicht durch spezielle Tauchanzüge zusätzlich schützen würden.

Der Körper befindet sich komplett in einem kälteren Element. Hinzukommt, dass zumindest Teile des Gesichts (z. B. der Mund oder die Wangen) auch direkt dem kalten Wasser ausgesetzt sind. Gerade dieser Bereich ist dazu noch stark durchblutet, was den Wärmeverlust erhöht. Des Weiteren müssen wir noch den restlichen Kopf betrachten, der nur durch eine Neoprenkopfhaube geschützt ist. Hier (wie auch bei Neoprenhandschuhen) kann Wasser zwischen Haut und Neopren eindringen. Das Wasser transportiert die vom Körper abgegebene Wärme weg – weswegen es so wichtig ist, dass der Wasseraustausch durch gut sitzende Neoprenbekleidung so gering wie möglich gehalten wird.

Wärmeverlust am größten über den Kopf?

Hm… Es heißt ja, dass der Körper ca. 40% seiner Wärme über den Kopf verliert (Die Zahl schwankt zwischen 30 und 60 Prozent) – haben wir ja auch alle mal so im OWD-Kurs gelernt. Wenn man sich in einschlägigen medizinischen Foren und Büchern mal so umguckt, dann trifft man auf sehr unterschiedliche Meinungen. Immer öfter liest man dort, dass es wohl eher ca. 10% seien. Denn: Können 40% überhaupt stimmen? Wäre es danach also sinnvoller ohne Jacke oder Hose aus dem Haus zu gehen als ohne Mütze? Nach eigener Erfahrung würde ich persönlich sagen: eher nicht.

Die (falschen) Messungen gehen verschiedenen Internetseiten zufolge auf Untersuchungen der US-Armee zurück, die scheinbar nicht ganz “sauber” waren. So wurden die Soldaten bei den Messungen zwar ohne Mütze, aber mit Thermokleidung in die Kälte geschickt.
Und erst vor kurzem haben ich im Fernsehen eine solche Messung gesehen, bei der der hohe Wärmeverlust am Kopf im Vergleich zum Rest-Körper nachgewiesen wurde: Ohne Mütze, aber mit Kleidung…

Warum friert man aber am Kopf so schnell? Ganz einfach: Da Kopf, Hals und auch der Brustkorb stark durchblutet sind, reagieren sie deutlich sensibler auf Kälte als der Rest des Körpers. Deswegen frieren wir dort zuerst.

Noch andere Gründe für den Wärmeverlust?

Neben den genannten Gründen spielt noch eine Art des Wärmeverlusts – die man nur schwer einschränken kann – eine große Rolle: Das Atmen.
Die Atemluft, die uns über die Atemregler aus den Flaschen zur Verfügung gestellt wird, ist natürlich ebenfalls deutlich kälter als die Körpertemperatur. Das heißt also, dass viel Energie aufgewendet werden muss um sie zu erwärmen. Je mehr Energie wir verlieren, desto mehr Wärme verlieren wir auch. Gleichzeitig verlieren wir aber durch das Ausatmen der angewärmten Luft zusätzlich noch Wärme.

Der Effekt kann erst beim Tauchen mit Rebreathern (Kreislauftauchgeräten) vermindert werden. Bei Rebreathern wird die ausgeatmete Luft nicht an das Wasser abgegeben, sondern im Gerät wieder aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Dabei geht nur ein Teil der Wärme verloren. Man atmet also angewärmte Luft ein.

Warum interessiert uns das so sehr?

Kurz gesagt: Weil Hypothermie uns nicht nur den Spaß an einem Tauchgang verderben, sondern auch tödlich enden kann. Und zwar auf verschiedene Art und Weise:

Zum einen kann die Hypothermie in ihrem letzten Stadium an sich schon tödlich enden.
Im ersten Stadium versucht der Körper noch die Temperatur bei 32-35°C zu halten und produziert Wärme durch Muskelzittern. Zudem ziehen sich die Blutgefäße in den Extremitäten zusammen und verringern die Durchblutung – sie werden kalt.
In der zweiten Phase beginnt sich das Bewusstsein immer weiter einzutrüben und die Reflexe lassen nach. Zudem hört das Muskelzittern wieder auf.
In der dritten und letzten Phase unterschreitet der Körperkern eine Temperatur von 28°C und der Puls sowie die Atmung werden sehr schwach. Dann verliert man das Bewusstsein. Später kommt es zu Atem- und Kreislaufstillstand durch Herzrhythmusstörungen.
Ich glaube, ich brauche nicht sagen, was das (nicht nur) unter Wasser bedeutet …

Zum anderen haben wir neben dem möglichen direkten tödlichen Ausgang aber auch noch die in Phase 2 beschriebene Bewusstseinstrübung und das Nachlassen der Reflexe. Unterwasser kann dies bedeuten, dass man Situationen nicht mehr richtig einschätzen oder auf Gefahren nicht mehr richtig reagieren kann.

Zudem stellt nach neueren Erkenntnissen Kälte den größten Risikofaktor für eine Dekompressionskrankheit (DCS) dar, wobei das Zittern eine saubere Dekompression verhindern und sie bis zur fünffachen Zeit verlängern kann.

Was heißt das für uns?

Klare Erkenntnis aus dem obigen Text: Wir müssen eine Strategie finden um uns adäquat beim Tauchen vor Unterkühlung zu schützen.
Daher ist die Auswahl unseres Tauchanzuges sowie der weiteren Ausrüstung sehr wichtig:

Zum Beispiel sind Nassanzüge für die hiesigen Temperaturen (oft nicht nur) im Winter nicht mehr geeignet, es kommen also nur noch Trockentauchanzüge in Betracht. Während man bei Neopren-Trockentauchanzügen durch das komprimierte (crushed) Neopren noch eine gewisse Eigenisolierung findet, fehlt diese bei Trilaminat-Trockis völlig. Es kommt also gerade bei Trilaminat-Trockis auf die richtige Wahl des Unterziehers bzw. weiterer Wärmeisolierung an.

Allgemeine Informationen zum Thema “Trockentauchen” (und auch zu den Unterschieden Neo vs. Tri) findet ihr zum Beispiel auf http://tipps-fuer-taucher.de/2011/02/17/einsteigerserie-trockentauchen-teil-1/.

Wie geht’s weiter?

Im zweiten Teil unserer kleinen Serie beschäftigen wir uns mit dem Thema Tauchgangsvorbereitung und Vorbeugung.
In weiteren Beiträgen werden wir dann näher auf Unterzieher, Funktionsunterwäsche, Handschuhe und Schuhe, sowie auf Heizsysteme eingehen.

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